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Wenn Häuser nasse Füße haben - das OLG Köln zum Urheberrechtsschutz von Tweets

17.05.2016

Kann ein Tweet urheberrechtlich geschützt sein? Damit setzte sich das OLG Köln auseinander. Es handelte sich um folgenden Teil eines Tweets: "Wenn das Haus nasse Füße hat".

Ein Verlag, dessen Autor die Zeile für sich reklamiert und der sie als Untertitel eines Buches über Mauerwerkstrockenlegung verwandt hat, hatte geklagt.

Das Buch heißt "Mauerwerkstrockenlegung und Kellersanierung – Wenn das Haus nasse Füße hat".

Der Verlag verlangte Unterlassung von der Betreiberin einer Website, die mit dem Slogan auf Twitter für ihr Online-Angebot ebenfalls im Bereich der Mauerwerkstrockenlegung geworben hatte. Sie hatte auf Twitter gepostet:

"Wenn das Haus nasse Füße hat“ #Mauerwerkstrockenlegung – mit Rat und Tat „Da werden Sie geholfen“ (bit.ly/xxxxxx)".

Das OLG Köln entschied in seinem Urteil vom 08.04.2016, Az. 6 U 120/15, dass der Ausdruck „Wenn das Haus nasse Füße hat“ mangels "Schöpfungshöhe" nicht als Sprachwerk im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig ist.

Zwar hatte der Kläger argumentiert, dass der im Untertitel vorgenommene Vergleich von durchnässten Schuhen mit einer feuchtigkeitsgeschädigten Wand Produkt eines geistigen „Schöpfungsprozesses“ sei.

Das OLG Köln sah das anderes. Das sei keine persönliche geistige Schöpfung.

Wortakrobatik oder einfache Redewedung?

Dazu heißt es in der Pressemitteilung vom 20.04.2016 des OLG Köln:

"Je kürzer ein Text sei, umso höhere Anforderungen seien an die Originalität zu stellen, um noch eine eigenschöpferische Prägung annehmen zu können.

Auf diese Weise werde zugleich sichergestellt, dass einfache Redewendungen der Alltagssprache für den allgemeinen Gebrauch freigehalten würden. Der Ausdruck „Wenn das Haus nasse Füße hat“ weise aber schon keine besondere sprachliche Gestaltung auf, sondern sei eine schlichte, auch in der Alltagssprache mögliche Konstruktion. Er sei daher nicht mit dem Zitat von Karl Valentin „Mögen hätte ich schon wollen,aber dürfen habe ich mich nicht getraut” vergleichbar, das vom Landgericht München im Jahr 2011 aufgrund seiner „Wortakrobatik“ als schutzfähig angesehen worden sei. Der Ausdruck habe auch keinen besonders originellen gedanklichen Inhalt. Als Untertitel eines Buches, das sich mit Mauertrocknung und Kellersanierung befasse, handele es sich im Kern um eine beschreibende Inhaltsangabe. Titel, die sich auf den Inhalt des Werks beziehen, könnten aber grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen. Darüber hinaus lehne sich der Untertitel an das auf der Website „Wikiquote“ veröffentlichte Sprichwort „Wer am Fluss baut, muss mit nassen Füßen rechnen“ an, in dem ebenfalls ein Bezug zwischen Bauen und „nassen Füßen“ hergestellt werde.
Die Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen worden."

Urheberrechtliche Urteile sind also in jedem Fall schon wegen des nicht wegzudiskutierenden Unterhaltungswerts unbedingt lesenswert.

Tweets und Urheberrechtsschutz

Und sind Tweets nun urheberrechtlich geschützt? Bekanntlich ziehen sich Juristen häufig wie folgt aus der Affäre: "Es kommt darauf an."

Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein urheberrechtliches Werk erfüllt sind. Dazu gehört die sogenannte Schöpfungshöhe. Es sind umso höhere Anforderungen an die Originalität zu stellen, desto kürzer der Text ist, um noch die eigenschöpferische Prägung zu bejahen. Mit den bis zu 140 Zeichen zeichnen sich Tweets durch Kürze aus. "Banale" Tweets werden daher nicht die eigenschöpferische Prägung aufweisen. Originelle Tweets können allerdings durchaus die erforderliche Schöpfungshöhe erreichen.

§ 2 Urheberrechtsgesetz lautet:

§ 2
Geschützte Werke

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
1.     Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2.     Werke der Musik;
3.     pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4.     Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5.     Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6.     Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7.     Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

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Anwaltskanzlei Wienen, Kanzlei für Medien & Wirtschaft
Rechtsanwältin Amrei Viola Wienen, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
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