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Anti-Abzock-Gesetz: Ende von Filesharing-Abmahnungen in Sicht?

Donnerstag, 4. Juli 2013

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken wurde vom Bundestag in der 2. und 3. Lesung am 27.06.2013 verabschiedet. Was bedeutet das für künftige "Filesharing-Abmahnungen"?

Vollmundig klingt die Pressemitteilung des Bundesministeriums für Justiz vom 27.06.2013, in der die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dazu vielversprechend formuliert: "Das neue Gesetz wird Verbraucher und Verbraucherinnen vor überhöhten Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen schützen. Massenabmahnungen von Verstößen gegen das Urheberrecht lohnen sich künftig nicht mehr." Die Kosten für die erste Abmahnung an einen privaten Nutzer sollten fortan regelmäßig auf 155,30 Euro beschränkt werden.

Auf den ersten Blick scheint nun das Ärgernis massenhafter Filesharing-Abmahnungen effektiv behoben. Auf den zweiten Blick scheint das neue Gesetz eher eine "Mogelpackung" zu sein, aus dem Abmahner sofort einen Ausweg für künftige lukrative Massenabmahnungen finden.

besondere Umstände des Einzelfalles

Denn in § 49 I Urheberrechtsgesetz heißt es in dem neuen Gesetz:

§ 49 UrhG 
Urheberrechtsstreitsachen    
(1) In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch 1 000 Euro, wenn der Beklagte     

1. eine natürliche Person ist, die urheberechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und     
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer  rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist; es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig.   

(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseiti-ungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden.“


Die heikle Passage für Verbraucher ist in § 49 I Nr. 2 versteckt: "es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig."

Wenn bei einer Abmahnung von Verbrauchern der Streitwert mit 1000 Euro bestimmt wird, betragen zwar die Kosten 155,30 Euro. Das gilt aber nicht, wenn der Streitwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Und genau daran wird vermutlich in der Mehrzahl der Fälle die Anwendbarkeit des § 49 I Nr. 2 Urheberrechtsgesetz in Filesharing-Sachen scheitern.

Außerdem bleibt der Schadensersatzanspruch bei Filesharing-Abmahnungen von Verbrauchern durch die Streitwertdeckelung unberührt.

Klagen am Wohnsitz des Verbrauchers

Immerhin einen Vorteil für Verbraucher schafft das neue Gesetz. Bei Klagen gegen Verbraucher wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet kann sich der Kläger künftig nicht mehr das Gericht aussuchen, das für ihn die günstige Rechtsprechung hat. Vielmehr wird der Verbraucher bei Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen an seinem Wohnsitz verklagt. Das ist im neuen § 104 a UrhG geregelt:

§ 104 a UrhG

(1) Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(2) § 105 bleibt unberührt.

Rechtsanwältin Amrei Viola Wienen, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
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