Dienstag, 14.01.2014
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 10. Januar 2014 festgestellt, dass die am 17. Mai 2012 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen (Freiheitsentziehung durch Anhalten eines Reisebusses) im Zusammenhang mit den Demonstrationen zu „Blockupy Frankfurt 2012“ rechtmäßig waren.
Das Gericht hatte in dem am 10. Januar 2014 zu entscheidenden Verfahren darüber zu befinden, ob die von der Polizei am 17. Mai 2012 anlässlich der Proteste unter der Bezeichnung „Blockupy Frankfurt“ durchgeführte Maßnahme des Anhaltens eines aus Berlin kommenden Reisebusses rechtmäßig war. Der Reisebus, in dem sich die Klägerin befand, wurde gegen 08.00 Uhr von der Autobahn A5 zu einer Kontrollstelle auf dem Gelände der Autobahnmeisterei in Frankfurt Nieder-Eschbach geleitet. In dem Zeitraum von ca. 08.50 Uhr bis 15:40 Uhr fanden Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen, Datenabgleiche und erkennungsdienstliche Behandlungen der Insassen statt. Der von der Klägerin benutzte Bus war der letzte von drei Reisebussen, der in diese Maßnahme einbezogen wurde.
Die Klägerin hat am 15. Februar 2013 die Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main erhoben, mit der sie feststellen lassen möchte, dass die durchgeführten polizeilichen Maßnahmen, die zu einer Freiheitsentziehung führten, rechtswidrig gewesen seien.
Das Gericht hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2014 festgestellt, dass die noch im Streit stehenden polizeilichen Maßnahmen rechtmäßig gewesen sind. So war das polizeilich veranlasste Verlassen der A5 durch den Bus, in dem sich die Klägerin befand, nach den Vorschriften des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt. Vorfeldmaßnahmen, die im Wesentlichen der Klärung eines Gefahrenverdachts dienen, sind gegen einzelne Personen möglich und zwar unabhängig davon, ob gegen diese bereits konkretisierte Verdachtsmomente vorliegen. Auch die Kontrollanordnung, die zu einer Kontrollierung der Businsassen nebst Gepäck und einer Identitätsfeststellung führte, konnte als rechtmäßig erachtet werden. Als Konsequenz durfte die Klägerin nach Feststellung ihrer Identität durch Erhebung personenbezogener Daten nach den Vorschriften des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung für die Dauer des Datenabgleichs auch festgehalten werden. Hinsichtlich des zeitlichen Ausmaßes waren keine durchgreifenden Bedenken zu erkennen. Wegen des Kontrollumfangs von fast 200 Personen in 3 Reisebussen war hierfür ein nicht unerheblicher Zeitraum notwendig, der im vorliegenden Fall auch nicht überschritten wurde.
Die polizeiliche Freiheitsentziehung ist auch nicht unter dem Aspekt zu beanstanden gewesen, dass keine richterliche Entscheidung zuvor eingeholt wurde. Hätte man die Klägerin dem Amtsgericht zum Zwecke der persönlichen Anhörung vorgeführt, so hätte der Zeitraum wegen des zurückzulegenden Weges von der Kontrollstelle zum Amtsgericht Frankfurt am Main sowie der notwendigen Registrierung der Betroffenen und Aktenanlage und auch möglicher Probleme bei dem Transport länger gedauert als die polizeiliche Maßnahme vor Ort. Damit wäre die Einholung einer richterlichen Entscheidung zu einer bloß freiheitsentziehungsverlängernden Formalie geworden, die unter Umständen genauso hätte beanstandet werden können. Es besteht keinerlei Verpflichtung der zuständigen Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass an der Kontrollstelle ein Richter oder eine Richterin des zuständigen Amtsgerichts bereit gestellt wird, um eine Anhörung vor Ort durchzuführen.
Auch die während des Festhaltens der Klägerin durchgeführte Videographie ist nicht zu beanstanden. Zum Schutz von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten vor einer Gefahr für Leib oder Leben kann es erforderlich sein, unter Einsatz technischer Mittel personenbezogene Daten zu erheben. Diese Umstände wurden im Hinblick auf die Gesamtsituation und die vorangegangenen „ M31“-Ausschreitungen für gegeben erachtet.
Hinsichtlich eines weiteren Teils der Feststellungsklage, der sich auf das Festhalten der Klägerin nach dem Zeitpunkt des Datenabgleichs, also ca. 15:00 Uhr, bezog, haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass über diese Maßnahme keine Entscheidung zu treffen war.
Es wird darauf hingewiesen, dass bereits mit Urteil vom 03.07.2013 (Aktenzeichen: 5 K 1101/13.F) die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main in einem ähnlich gelagerten Fall die Rechtmäßigkeit der hier noch im Streit stehenden polizeilichen Maßnahmen festgestellt hat. Gegen das Urteil ist der Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt worden. Das Urteil vom 03.07.2013 ist in der Landesrechtsprechungsdatenbank veröffentlicht.
Gegen das heute verkündete Urteil kann ebenfalls ein Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt werden. Hierüber hat dann der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden.
Aktenzeichen: 5 K 1289/13.F.
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 10.01.2014
Das in der obigen Pressemitteilung genannte Urteil vom 03.07.2013 finden Sie hier im Volltext.
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