Die Veröffentlichung der Fotoaufnahme einer Ehefrau eines prominenten Moderators hat diese nach Ansicht des Landgerichts Köln in ihrem Recht am eigenen Bild verletzt. Der Anspruch auf Unterlassung der Bildnisveröffentlichung wurde in dem Urteil vom 24.07.2013, Aktenzeichen 28 O 115/13, bejaht. Es würde sich nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handeln.
Zwar entstamme das Lichtbild selbst, das die Antragstellerin und ihren Ehemann bei einem öffentlichen Auftritt zeigte, aus einem Kontext, den man als zeitgeschichtliches Ereignis bewerten könne. In diesem Kontext sei die Veröffentlichung des Lichtbildes aber nicht erfolgt, so dass der zeitgeschichtliche Wert des Lichtbildes selbst in der allein streitgegenständlichen konkreten Berichterstattung nicht erheblich sei. Auch aus der begleitenden Wortberichterstattung konnte das Gericht kein zeitgeschichtliches Ereignis herleiten.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist die Ehefrau eines bekannten Fernsehmoderators. Die Antragsgegnerin verlegt die Zeitschrift „ X“. In deren Ausgabe Nr.10/2013 vom 02.03.2013 veröffentlichte sie einen Artikel unter der Überschrift „ A – Wär er mal lieber bei der Wahrheit geblieben …“. Dieser befasst sich mit dem Umstand, dass der Ehemann der Antragstellerin, der im Rahmen seiner sonntäglichen Talk-Show in der ARD den SPD-Kanzlerkandiaten zu dessen Honoraren befragt hatte, auf dessen Gegenfrage, ob er bereit sei, seinen Vertrag mit der ARD öffentlich zu machen, geantwortet hatte: „Das Problem ist – der ist öffentlich“. Ausweislich des Artikels, der sich auf den produzierenden NDR beruft, soll dies aber nicht der Fall sein. In diesem Zusammenhang heißt es in dem Artikel u.a.:
„Warum hat A so eine Trickserei nötig? Und wie steht er jetzt vor seiner Frau da? Kann B, 54, ihrem Mann noch vertrauen, wenn er so leichtfertig die Unwahrheit sagt?“
Dieser Artikel ist u.a. bebildert mit einem Foto, das die Antragstellerin und ihren Mann bei einem Auftritt beim „Deutschen Medienpreis 2012“ zeigt, der am 26.02.2013 verliehen wurde.
Die Antragstellerin sieht sich durch die Bildnisveröffentlichung in ihrem Recht am eigenen Bild verletzt. Das Bildnis entstamme nicht dem Bereich der Zeitgeschichte und es werde weder ein zeitgeschichtliches Ereignis abgebildet noch ergebe sich ein solches aus der begleitenden Wortberichterstattung.
Die erkennende Kammer hat der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 22.03.2013 im Beschlusswege untersagt, das dort konkret wiedergegebene Bildnis der Antragstellerin in dem konkreten Berichterstattungszusammenhang zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.
Nachdem die Antragsgegnerin hiergegen Widerspruch erhoben hat, beantragt die Antragstellerin,
die einstweilige Verfügung vom 22.03.2013 zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 22.03.2013 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Veröffentlichung greife nicht rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin ein. Der Gegenstand des Berichts entspreche der Wahrheit und sei von öffentlichem Interesse. Die in dem Bericht weiter aufgestellten Fragen, welche Auswirkungen das Verhalten ihres Ehemannes auf die Antragstellerin habe, seien legitim. Deshalb sei es auch nicht zu beanstanden, wenn die Antragstellerin in diesem Zusammenhang gemeinsam mit ihrem Ehemann abgebildet werde. Die Bildveröffentlichung verletze sie nicht rechtswidrig in ihrem Recht am eigenen Bild. Es handele sich um die aktuellste Aufnahme eines gemeinsamen öffentlichen Auftritts; die Antragstellerin trete überdies häufig mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit auf und sei dem Publikum als dessen Ehefrau bekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil sie sich auch in Ansehung der Widerspruchsbegründung der Antragsgegnerin weiterhin als gerechtfertigt erweist, §§ 924, 926 ZPO. Der Antrag auf ihren Erlass ist zulässig und begründet. Sowohl Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund sind gegeben.
1. Der Antragstellerin steht der verfolgte Anspruch auf Unterlassung der Bildnisveröffentlichung aus §§ 1004, 823 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG zu. Die Veröffentlichung der Fotoaufnahme durch die Antragsgegnerin verletzt die Antragstellerin in ihrem Recht am eigenen Bild.
Da die Antragstellerin unstreitig nicht in die konkrete Bildnisveröffentlichung eingewilligt hat, ist die Frage der Zulässigkeit an den Ausnahmetatbeständen des § 23 KUG zu messen, von denen vorliegend allein die Regelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG in Betracht kommt. Es kommt damit für die Zulässigkeit der Veröffentlichung entscheidend darauf an, ob ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegt und die Veröffentlichung nicht ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten i.S.v. § 23 Abs. 2 KUG verletzt.
a) Der Begriff der Zeitgeschichte ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen (BVerfG, NJW 2000, 1021). Bereits die Frage, ob das Bild eine Frage von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse betrifft, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK (BGH, NJW 2010, 3025 (3026)). Der Begriff des Zeitgeschehens ist zu Gunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Denn zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (BVerfG, NJW 2008, 3138) mit dem Ziel eines möglichst schonenden Ausgleichs zum Persönlichkeitsschutz des Betroffenen. Für die Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen (BGH, NJW 2010, 3025 (3027)).
b) Nach diesen Maßstäben fehlt es vorliegend bereits an einem zeitgeschichtlichen Ereignis, das die Veröffentlichung des Lichtbildes bezogen auf die Antragstellerin rechtfertigen würde.
Das Lichtbild selbst, das die Antragstellerin und ihren Ehemann bei einem öffentlichen Auftritt zeigt, entstammt zwar einem Kontext, den man als zeitgeschichtliches Ereignis bewerten kann; in diesem Kontext aber erfolgt die Veröffentlichung des Lichtbildes nicht, so dass der zeitgeschichtliche Wert des Lichtbildes selbst in der allein streitgegenständlichen konkreten Berichterstattung nicht erheblich ist.
Das zeitgeschichtliche Ereignis kann folglich nur aus der begleitenden Wortberichterstattung hergeleitet werden. Die Antragsgegnerin thematisiert mit der Frage, ob der Ehemann der Antragstellerin öffentlich gelogen hat, im Ausgangspunkt sicherlich einen Umstand von öffentlichem Interesse. Dieses öffentliche Interesse erstreckt sich indes nicht auf die Antragstellerin, denn dieser, das öffentliche Interesse begründende Umstand betrifft allein das beruflich bedingte öffentliche Auftreten ihres Ehemannes, nicht jedoch das Verhalten der Antragstellerin. Mithin liegt kein die Antragstellerin betreffendes zeitgeschichtliches Ereignis vor, das deren Abbildung rechtfertigen würde.
Der erforderliche zeitgeschichtliche Bezug wird auch nicht dadurch hergestellt, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin in Artikel und Bildnebenschrift in Bezug nimmt, indem sie die Fragen aufwirft, was wohl die Antragstellerin zu dem Verhalten ihres Mannes sage, wie dieser nun vor ihr dastehe und ob sie ihm noch vertrauen könne. Denn damit thematisiert die Antragsgegnerin keine Fragen von öffentlichem Interesse sondern lediglich solche, die privater Natur sind. Insoweit besteht auch kein Berichterstattungsanlass, da es keinerlei Erklärungen oder Verhaltensweisen der Antragstellerin gegeben hat, die Anlass für die Diskussion dieser Fragen bieten würden.
c) Die Wiederholungsgefahr ist durch die begangene Verletzungshandlung indiziert.
2. Der weiterhin erforderliche Verfügungsgrund ist ebenfalls gegeben. Der Antragstellerin ist auch unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsgegnerin nicht zumutbar, die Rechtsverletzung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen. Die subjektive Dringlichkeit hat sie durch ihr unverzügliches Vorgehen belegt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung sofort vollstreckbar (Zöller/Vollkommer, 28. Aufl. 2010, § 925 ZPO Rn. 9).
4. Streitwert: EUR 30.000,00.